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FAITHS UNITED FOR THE PLANET

WegbeschreibungPressespiegel
Scriptural ReasoningTu-bi-Schwat-Seder
Multireligiöses Abendgebet und Iftar – 8. April ca. 18:30
PODCASTARCHIV – Liturgie-Hefte
aus früheren Monaten

Durch den Klimawandel, das Artensterben und zahlreiche andere Umweltprobleme stehen wir als Menschheit vor einer epochalen Herausforderung. Unser Planet braucht uns alle mit all unseren Kräften. Durch unser Gebet und unseren Einsatz in unseren Religionsgemeinschaften, in der Universität und in der Gesellschaft wollen wir dazu beitragen, dass die Religionen zu wichtigen Akteuren im Einsatz für mehr Nachhaltigkeit werden. Aus globaler Sicht ist es klar, dass wir nur dann das Steuer werden herumreißen können und die Kraft für die Radikalität des Neuanfangs finden werden, die wir brauchen, wenn auch die Religionen mithelfen. Ihr Einfluss auf Menschen ist weltweit gesehen von kaum zu überschätzender Bedeutung und ihre spirituellen Ressourcen können uns helfen, solidarisch, kraftvoll und mit langem Atem für den Erhalt unseres Planeten zu kämpfen. Kommen wir also zusammen aus unseren verschiedenen Glaubenstraditionen, um vereint für unseren Planeten einzutreten und unseren Einsatz vor Gott zu bringen!

Unser gemeinsames Gebet jeden Donnerstag von 14-14:30 Uhr im Room of One des Bonner Münsters schöpft aus den Ressourcen von Judentum, Christentum und Islam, lädt aber auch Menschen aus anderen Traditionen zum gemeinsamen Beten ein. Wir folgen dabei der Tradition multireligiösen Betens wie es sich seit dem ersten Weltgebetstreffen 1986 in Assisi entwickelt hat, bei dem Vertreter aller großen Weltreligionen teilnahmen.


WAS IST MULTIRELIGIÖSES GEBET?

Im multireligiösen Gebet rezitieren Angehörige verschiedener Religionen in jeweils eigener Tradition im selben Raum voreinander heilige Texte. Alle Elemente stehen dabei in gleichberechtigtem Verhältnis und wechselseitigem Respekt zueinander. Unterschiede werden akzeptiert, Fremdes wird kennengelernt und das Eigene durch das Fremde neu entdeckt. Durch ein gemeinsames Anliegen und Thema vereinen sich diese formal getrennten Gebetselemente zu einem großen Ganzen. In unserem Fall ist dieses große Ganze der Einsatz für unseren Planeten, der Einsatz für Klimaschutz, Artenvielfalt und die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen aller Lebewesen.

Unsere Liturgie Faiths united for the Planet ist also geprägt von jeweils eigenständigen Gebetselementen aus Judentum, Christentum und Islam, die jeweils auf das Thema der Nachhaltigkeit hin ausgesucht sind. Sie sind so gewählt, dass nicht nur unsere Gemeinsamkeiten zum Ausdruck kommen, sondern gleichzeitig typische Gestaltungselemente unserer Traditionen bewahrt werden. Gleiches gilt auch für die Gestaltung unseres gemeinsamen liturgischen Raums, wo Darstellungen der verschiedenen Religionen nebeneinander zur Wirkung kommen.

Multireligiöses Gebet ist zu unterscheiden von Formen liturgischer Gastfreundschaft, bei denen man als Gast am Gottesdienst einer anderen Religion teilnimmt. Hier besteht kaum eine Möglichkeit in hinreichender Klarheit zu zeigen, dass man andere in ihrer Eigenheit und Fremdheit respektiert. Multireligiöses Gebet ist ebenfalls zu unterscheiden von interreligiösen Gottesdiensten, in denen Gebete gemeinsam gesprochen werden und eine vermeintliche Einheit sichtbar gemacht werden soll. Hier besteht oft die Gefahr von Vereinnahmung oder Verflachung, weil ein kleinstmöglicher gemeinsamer Nenner gesucht wurde.

Indem wir als multireligiöse Gemeinschaft gemeinsam loben, lernen und fragen, erleben wir intime Aspekte anderer Religionen und Denominationen in ihrer spezifischen Schönheit und Fremdheit. Wie klingt ihr Lernen und ihr Lob? Wie wirkt dieser Klang und dieser Text auf mich? Kann man auch durch das Fremde inspiriert werden? Vielleicht wird manchem das Fremde jetzt erst bewusst – auch dies hat seinen eigenen Wert. Man kann nicht theoretisch beschreiben, was geschieht, wenn man das Lob anderer hört oder mit einstimmt – nichts ersetzt die Schönheit und den gemeinsam erlebten Reichtum von Verschiedenheit.

WAS IST JÜDISCHES GEBET?

Jüdisches Beten ist Lernen, Loben und Anleitung zum Leben. Es besteht aus dem Studium bestimmter vorgegebener Texte. Es ist das fokussierte, regelmäßige Lesen bestimmter Abschnitte in einem Gebetbuch mit Zitaten aus Antike, Mittelalter und Moderne, in festgelegter Ordnung, deren Rezitation Jüdinnen und Juden zu bestimmten Zeiten am Tag geboten ist. Dies verbindet die Betenden mit den Generationen vor ihnen und miteinander: jüdisches Gebet stiftet jüdische Gemeinschaft und ist die Basis für die Zukunft jüdischen Lebens.

Sind gemeinsame Gottesdienste aus jüdischer Sicht dann überhaupt möglich? Nein und Ja. Das Gebet zu bestimmten Zeiten in jüdischer Gemeinschaft ist nur dem Volk Israel geboten. Doch gemeinsames Gotteslob, gemeinsames Lernen und gemeinsames Handeln ist universal möglich, gewollt und gewünscht. Multireligiöses Gebet vermischt nichts, sondern respektiert die verschiedenen Sichtweisen. Wir tun etwas gemeinsam, sind liturgisch verbunden, aber bleiben verschieden. Aus jüdischer Sicht ist multireligiöses Gebet eine in die allgemeine Gesellschaft und ins Leben führende Meditation, die nicht das Pflichtgebet ersetzt, aber ein gemeinsames Lernen der universalen Fragen und Verantwortungen ist, die unser aller Leben inspirieren.

WAS IST MUSLIMISCHES GEBET?

Laut der Koransure 20 wurde Mose, als er Gott auf dem Berg Sinai indirekt durch den brennenden Dornbusch begegnete, von ihm so angesprochen: »O Mūsā! Gewiss, Ich bin dein Herr, so ziehe deine Schuhe aus. Du befindest dich im geheiligten Tal Ṭuwā. Und Ich habe dich erwählt. So höre auf das, was (als Offenbarung) eingegeben wird. Gewiss, Ich bin Gott. Es gibt keinen Gott außer Mir. So diene Mir und verrichte das Gebet zu Meinem Gedenken« (Q 20:11-14). Diese Mosaische Erfahrung einer indirekten Begegnung mit Gott spielt eine prägende Rolle im Bewusstsein der Muslime in Bezug auf die Verrichtung ihres Gebets. Das heißt, bei der Verrichtung des Gebets fühlen sich Muslime in der Gegenwart Gottes. Dieser Gedanke wird noch deutlicher in dem folgenden Vers: »Gott gehört der Osten und der Westen; wohin ihr euch auch immer wendet, dort ist Gottes Angesicht. Gott ist allumfassend und allwissend« (Q 2:115).

Aber besteht aus koranischer Sicht die Möglichkeit, diese Begegnung mit Gott auch im Kontext anderer abrahamischer Religionen zu erfahren? Der Koran hat in Sure 22:40 die Anbetungsstätten der Juden und der Christen, nämlich die Klöster, die Kirchen und die Synagogen, neben den Moscheen als Orte bezeichnet, »in denen Gottes Name reichlich lobgepriesen wird«. Damit scheint er dem Gottesdienst in diesen Religionen dieselbe Bedeutung beizumessen, der im Bewusstsein der Muslime ihrem eigenen Gottesdienst zukommt. Deshalb ja! Mit dem Koran zu sprechen ist es tatsächlich legitim für Muslime, auch im Kontext des Judentums und des Christentums eine Begegnung mit Gott zu erleben.

WAS IST CHRISTLICHES GEBET?

Christliches Gebet und christlicher Gottesdienst ist einerseits der menschliche Einsatz für Gott, durch den Menschen ihre Hingabe an Gott kultivieren. Er ist aber auch Gottes Dienst am Menschen, durch den Menschen Kraft für ihr Leben erfahren. Christliches Beten orientiert sich deswegen an Gottes Wort an den Menschen, um auf diese Weise Gottes Fürsorge und Barmherzigkeit für seine Schöpfung authentisch in Worte zu fassen. Kraft des Geistes Gottes nimmt es zugleich die menschlichen Sorgen und Nöte, Sehnsüchte und Hoffnungen, Bedrängnisse und Zweifel mit hinein in das Gottesverhältnis. Es ist deswegen immer Dialog mit Gott auf der Grundlage von Gottes Wort in der lebensermöglichenden Kraft von Gottes Geist.

Papst Johannes Paul II. hat als erster Papst aktiv und nachdrücklich zu multireligiösen Gebeten aufgerufen und diese in unterschiedlichen Formen praktiziert. Papst Benedikt XVI. hat seine visionären Ideen theologisch systematisiert und eigens begründet, unter welchen Umständen und in welchen Formen ein Beten mit Glaubenden anderer Religionen möglich ist. Papst Franziskus schließlich ist noch einen Schritt weitergegangen und formuliert in seinen Enzykliken auch eigens Gebete, die zum gemeinsamen Beten der Religionen einladen. Wenn wir in unserem multireligiösen Gebet also die voneinander klar unterschiedenen Gebete der Religionen durch gemeinsame Musikstücke unterscheidend in Beziehung setzen und die Möglichkeit einräumen, auch Gebete anderer Religionen mitzuvollziehen, folgen wir der gemeinsamen theologischen Linie dieser drei letzten Päpste. Durch die Konzentration auf das Thema der Bewahrung der Schöpfung nehmen wir inhaltlich das zentrale Thema des Pontifikats von Papst Franziskus auf.

UNSER GEMEINSAMES ANLIEGEN

Wir kommen aus den unterschiedlichsten Traditionen, sind geprägt von gemeinsamen Glaubens- und Lebensweisheiten aber auch von tragischen Missverständnissen; wir teilen große Hoffnungen und erste bescheidene Erfolge. Wir begegnen einander im Bewusstsein unserer Vergangenheit, mit ehrlichen Absichten, mit Mut und der Bereitschaft, einander zu vertrauen, in Liebe und Zuversicht. In unserer Verbundenheit und in unserer Verschiedenheit wollen wir nicht vergessen, dass Gott ein und derselbe bist. Möge unsere Begegnung mit der Vergangenheit und unsere Erfahrungen in der Gegenwart Segen bringen für unsere Zukunft auf unserer gemeinsamen Erde.

Die regelmäßige Teilnahme an einem multireligiösen Gebet schafft einen länger dauernden Prozess der Kultivierung von Bescheidenheit und Gastfreundschaft in den betenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Durch diesen Prozess kann das gemeinsame Gebet zu einer angemessenen Plattform heranwachsen, in der konstruktiver Dialog in gegenseitiger Anerkennung stattfinden kann.

Indem wir über Religionsgrenzen hinweg im Gebet vereint sind, machen wir uns verletzlich. Wir setzen uns in unserem Intimsten dem Fremden aus und lassen uns von ihm bewegen. Wir werden unterbrochen in unseren Gewohnheiten und offen für Neues. Genau solche Unterbrechungen braucht unser Planet, wenn wir unser Verhalten wirksam und nachhaltig ändern wollen. Und genau diese Verletzlichkeit verbindet uns mit der Natur, die ihre Verletzlichkeit täglich neu schmerzhaft erfährt. Verletzlichkeit ermöglicht Kreativität und Begegnung. In dem geschützten Raum des Room of One am Kreuzgang des Bonner Münsters trauen wir uns mit unseren Schwächen, Sorgen und Zweifeln in die Begegnung miteinander und stellen uns der vielleicht wichtigsten Herausforderung unserer Zeit.

Erklärungen zu den Kunstwerken im Raum (bitte auf das Bild klicken).

Pressespiegel ROOM OF ONE BONN